25 Jahre Teddy

Die Geschichte des Queeren Filmpreises Teddy Award

1980 holte der Filmfestspiel-Leiter Moritz de Hadeln den schon damals legendären Berliner Kinomacher Manfred Salzgeber (Mitgründer des „Forums des Jungen Films” sowie des kommunalen Kinos „Arsenal” und Aktivist der Schwulenbewegung) aus Amsterdam zurück nach Berlin, um der „Info-Schau” (Informationssektion der Berlinale) ein neues Profil zu geben. Dieser richtete seine Aufmerksamkeit bei der Programmgestaltung auch auf Filme mit schwulen und lesbischen Inhalten - über die Zeit mit größerem Erfolg, als dies bislang bei anderen großen Festivals jemals der Fall war. (Manfred starb 1994 an den Folgen von AIDS).

1982 berief Manfred Salzgeber den Filmemacher Wieland Speck an seine Seite, der zehn Jahre später die Leitung der 1986 in „Panorama” umbenannten Sektion übernahm. Gemeinsam entstand der Wunsch, sich nach den Filmen noch zusammenzusetzen.

1985 – 1989 wurden im schwulen Buchladen „Prinz Eisenherz” die inzwischen unvergesslichen „Nachtcafés” veranstaltet: Filmemacher wie Derek Jarman und Gus Van Sant trafen sich mit interessiertem Publikum nach den letzten Panorama-Vorführungen, um zu diskutieren und sich manchmal Filme anzusehen, die im offiziellen Programm keinen Platz gefunden hatten. Hier wurden auch arbeitstechnische Infrastrukturen erarbeitet, um ein internationales Netzwerk aufzubauen und sich gegenseitig über das ganze Jahr zu unterstützen.

1987 wurde die hier entstandene Idee eines schwul-lesbischen Filmpreises verwirklicht: der „TEDDY”. So benannt in Referenz zum Hauptpreis des Festivals, dem „Goldenen Bären”. Der erste TEDDY für einen Spielfilm ging an Pedro Almodóvar für sein Melodram „Das Gesetz der Begierde“ mit Carmen Maura und dem damals noch fast unbekannten Antonio Banderas in den Hauptrollen. Als TEDDY-Jury benannten Manfred und Wieland diejenigen Fachleute der „Eisenherz”-Treffen, „die alle Filme gesehen hatten” und gaben der offenen Gruppe den Namen INTERNATIONAL GAY & LESBIAN FILM FESTIVAL ASSOCIATION (IGLFFA).

Als Gründungsidee wurde gemeinsam formuliert, der TEDDY solle über die Homo-Szene hinaus wirken und schwul-lesbischen Filmen die allgemeine und professionelle Medienwirksamkeit verschaffen, die ihnen bisher versagt geblieben war.

1990 gab es eine erste große Verleihungsfeier im SchwuZ mit ca. 400 Gästen, veranstaltet von Szeneaktivist BeV StroganoV und dem Buchladen Prinz Eisenherz: mit Tuntenshow, Video-Kurzfimen und eigens kreierten Preisen für die Gewinner.

1991 ging der TEDDY gemäß seiner Gründungsidee ins Kant-Kino, erstmals mit Anzeigen, Plakaten und Eintrittskarten im Vorverkauf und somit dem Beginn einer Öffentlichkeitsarbeit.

1992 erkannte die Berlinale den TEDDY als offiziellen Preis an und veröffentlichte ihn erstmals in der Liste der Berlinale-Preise.

In den Folgejahren wurden legendäre Berliner Veranstaltungsorte bespielt, zum Beispiel „Quartier Latin“ (jetzt Wintergarten, Potsdamer Str.), das „Metropol“ am Nollendorfplatz und ab 1997 dann 5 Jahre lang das renommierte „Haus der Kulturen der Welt.“

1997 wurde der gemeinnützige Förderverein TEDDY e.V. gegründet, der das ganze Jahr über Geld für den TEDDY sammelt und Öffentlichkeitsarbeit leistet.
Das Preisgeld von mittlerweile je 3000 € geht an die TEDDY-GewinnerInnen (FilmemacherInnen) und soll die nötige Unterstützung bei der Finanzierung von Filmkopien, bei der Untertitelung oder für Werbematerialien wie Plakate bieten. Denn „die Vermarktung ist nach wie vor problematisch”, betont Panorama-Chef und TEDDY-Vorstandsvorsitzender Wieland Speck.

TEDDY Jury

Auch die TEDDY-Jury hat sich im Laufe der Zeit verändert: seit 1997 besteht sie aus neun (jährlich wechselnden) Personen, die Filmfestivals in aller Welt organisieren oder sich anderweitig um den „queeren Film” verdient gemacht haben.

Die TEDDY-Jury entscheidet über den besten Kurzfilm, Spielfilm und Dokumentar-/Essayfilm. Das mit der Auszeichnung verbundene Preisgeld wird vom ehrenamtlich arbeitenden TEDDY e. V. und seinen Unterstützern aufgebracht.

Queer Film Award

Zu Anfang der 80er Jahre gab es nur wenige schwule Filme. Die meisten waren Kurzfilme, Spielfilme noch eine kleine Sensation. Auch die ersten lesbischen Spielfilme tauchten auf; aber so richtig zog das lesbische Filmschaffen erst Anfang der 90er Jahre nach. Seit 1997 steigt auch die Beteiligung transidentischer Filme deutlich an. Thematik und DarstellerInnen sind heute integraler Bestandteil, doch MacherInnen bleiben bis heute eine Seltenheit.

2002 erweiterte der TEDDY seinen Fokus und wurde zum schwul-lesbisch-transidentischen Filmpreis Queer Film Award at the Berlinale. Auch hier fordert der TEDDY zu mehr Beteiligung auf und sieht es als seine Aufgabe, transidentischen KünstlerInnen verstärkt zur Öffentlichkeit zu verhelfen. Einigkeit herrscht über die Bedeutung des TEDDY für Berlin wie auch aus internationaler Sicht, denn er ist die einzige Auszeichnung für schwule, lesbische und transidentische Filme, die auf einem großen internationalen und nicht explizit homosexuellen Filmfestival verliehen wird.

Auch Dieter Kosslick, der neue Leiter der Berlinale seit 2002, unterstützt den TEDDY und ist, wie der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, jedes Jahr ein gern gesehener Gast der TEDDY-Preisverleihung.

2005 Der Gründungsidee wurde in den vergangenen Jahren bei den großen TEDDY Preisverleihungen mit über 4000 Gästen und einer Beteiligung von zahlreichen TV-Teams und Printmedien aus aller Welt entsprochen. Mittlerweile sind die TEDDY Awards eines der drei großen Queer-Events der Hauptstadt und über die Grenzen des Landes hinaus bekannt. Aus Budgetgründen mussten die TEDDY Awards 2005 in reduzierter Form stattfinden: eine geschlossene Verleihung für geladene Gäste und Pressevertretern vor der großen Leinwand des Berlinale-„Kino International“ mit anschließender öffentlicher Party.

Teddy Award TV

Seit 2005 gibt es den queeren Filmpreis TEDDY auch in der medialen Form von Internet-Fernsehen an 365 Tagen im Jahr unter www.teddyaward.tv. Mit mehrsprachigen Interviews, Videos und Hintergrundinformationen über Filme, ProtagonistInnen und der Geschichte des TEDDY Award ist die Website ein internationales Forum der queer community. Dass auch nach den Internationalen Filmfestspielen Berlin ein großes Interesse am TEDDY besteht, zeigen die monatlich rund 80.000 Besucher von www.teddyaward.tv.

2006 Zum 20. Geburtstag des TEDDYs gab es im Berlinale-Monat Februar sogar mehr als 330.000 Zugriffe auf diese Website. Die meisten kamen aus den USA und aus China.
Auch 20 Jahre nach seiner Geburt ist der TEDDY der weltweit einzige queere Filmpreis im Rahmen eines A-Filmfestivals. Oscar-Preisträger wie Pedro Almodóvar und preisgekrönte Künstlerinnen und Künstler wie Tilda Swinton, Greta Schiller, Andrea Weiss, Derek Jarman, und Gus Van Sant sind seine Entdeckungen. Im Laufe von zwei Jahrzehnten sind auf der Berlinale Filme mit schwulem, lesbischem und transidentischem Inhalt Bestandteil aller Sektionen geworden. TEDDY-relevant ist jeder Film, der ein queeres Thema vorantreibt. Jedes Jahr gehen rund 40 Filme ins Rennen um die TEDDY-Trophäen.

Zu seinem 20. Geburtstag im Berliner E-Werk werden die TEDDY Awards erstmals vom deutsch-französischen Kultursender ARTE übertragen. Dabei präsentiert sich der TEDDY Award auch als moralische Instanz, die aktuelle politische und gesellschaftliche Missstände anspricht.

Die politischen Inhalte der Preisverleihung: Homophobie in Polen und die Situation von schwulen, lesbischen und transidentischen Menschen in der jungen Demokratie Südafrikas. Bei der Verleihung saß nicht nur Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit im Publikum, sondern auch George Johannes, der Vize-Botschafter der Republik Südafrika – und das mit pinkfarbener Krawatte. Die Resonanz dokumentiert die politische Dimension des queeren Filmpreises.

2007 Unter dem Motto „TEDDY HEBT AB“ ging die 21. Verleihung des TEDDY Award am Freitag, den 16. Februar 2007 im Hangar2 auf dem Flughafen Berlin-Tempelhof über die Bühne.
Zum zweiten Mal zeichnete Kultursender ARTE die Verleihung des TEDDY Award auf. ARTE widmet dem TEDDY zeitgleich zur TEDDYPreisverleihung am 16. Februar einen Themenabend: „Das Coming-out des Kinos“, u. a. mit dem Dokumentarfilm von André Schäfer „Schau mir in die Augen, Kleiner“.

Der langjährige Partner und Sponsor VOLKSWAGEN AG verstärkte sein Engagement für den TEDDY mit einem Preisgeld in Höhe von 3.000,- Euro und in Zusammenarbeit mit Printpartner TIP wurde der neue Zuschauerpreis „TEDDY Ballot“ erstmalig vergeben.

TEDDY setzt politische Schwerpunkte

Der TEDDY ist volljährig und kein bischen leise und viel mehr als Jubel, Trubel, Heiterkeit: «Wir haben uns nie die Frage gestellt, ob wir den TEDDY noch brauchen. Man meint, das Thema habe sich erledigt, weil es nun schon schwule Bürgermeister gibt», sagt Wieland Speck. «Die politische Situation hat sich aber prinzipiell nicht verändert. Das Patriarchat ist immer noch die ruling power auf diesem Planeten, und zwar in jedem einzelnen Land. Und das Patriarchat fühlt sich extrem angegriffen von Männern, die da nicht mitmachen». Traurige Fakten: Homosexualität ist in vielen Ländern der Welt immer noch per Gesetz verboten. In Saudi-Arabien oder Iran kennt man keine Gnade. Gleichgeschlechtliche Liebe wird dort mit dem Tod bestraft. Im Irak werden derzeit schwule Männer von Miliztruppen systematisch ermordet. Doch nicht nur in der arabischen Welt, auch im südlichen Afrika und großen Teilen Lateinamerikas und Asiens gehen staatliche Institutionen gegen nicht heterosexuell orientierte Menschen vor. Durch das Renommee der Berlinale kann der TEDDY Künstlerinnen und Künstlern, denen in ihrer Heimat niemand zuhören will, Gehör verschaffen.

We Are Family: Der TEDDY kooperiert mit amnesty international
Um auf die in vielen Ländern schwierige Menschenrechtslage für Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transgender (LGBT) aufmerksam zu machen, kooperiert der TEDDY erstmals mit der Gruppe Menschenrechte und sexuelle Identität (MERSI) von amnesty international. Mit Filmausschnitten und Interviews macht TEDDY Award TV unter www.teddyaward.tv während der Berlinale auf die alltäglichen Schwierigkeiten und die häufige staatliche Verfolgung von LGBT weltweit aufmerksam. Interessierten TEDDY-Fans wird dadurch die Möglichkeit gegeben, sich aktiv in die Menschenrechtsarbeit einzubringen.

TEDDY Goes To Russia, TEDDY Goes To China, TEDDY Goes To Arabia
Der TEDDY blickt 2007 über den eigenen Tellerrand hinaus und lädt GastkolumnistInnen aus aller Welt dazu ein, ihre Sicht der Berlinale im täglichen Online-Tagebuch zu beschreiben. In thematischen Schwerpunkten wie etwa «TEDDY goes to Russia», «TEDDY goes to Africa», «TEDDY goes to Turkey», «TEDDY goes to China» sowie «TEDDY goes to Hollywood» und «TEDDY goes transsexual» erzählen Menschen aus diesen Regionen im Interview mit TEDDY Award TV autobiographisch über ihr Coming-out oder schildern die politische Situation queerer Menschen in ihrem Geburtsland.

TEDDY On Tour: Oral History

Anlässlich seines 20. Geburtstages 2006 ging der «TEDDY on tour» und war Mitveranstalter des ersten queeren Filmfestes in Warschau. Präsent war der TEDDY auch beim Queer Filmfest in der indonesischen Hauptstadt Djakarta, wo die Veranstaltung von John Badalu (TEDDY-Jurymitglied 2006) inzwischen unter Gesetzesverbot fällt. Die TEDDY-Website www.teddyaward.org wird ab der Berlinale 2007 auf Arabisch, Russisch und Chinesisch berichten. In China ist Homosexualität zwar immer noch mit einem Tabu behaftet, gleichzeitig finden spannende Entwicklungen statt. Das Reich der Mitte öffnet sich langsam auch für queere Lebensweisen. Darüber hinaus richtet die TEDDY-Website die Aufmerksamkeit auf arabisch- und russischsprachige Länder, wo zahlreiche Menschenrechtsverletzungen stattfinden, auch gegenüber queeren Lebensweisen. Berichte von MERSI beleuchten kontinuierlich die Menschenrechtssituation an zahlreichen Brennpunkten der Welt.